Transporte in den Gazastreifen: Israelische Aktivisten greifen Hilfslieferungen an
In Israel und den palästinensischen Gebieten mehren sich gewaltsame Übergriffe auf Konvois mit Hilfsgütern für den Gazastreifen. Auf im Internet verbreiteten Videos vom Mittwochabend ist etwa zu sehen, wie zwei Lastwagen an einer Kreuzung nahe der Siedlung Bet El im Westjordanland mittels einer brennenden Barrikade gestoppt wurden und überwiegend junge Männer die Ladung eines der Fahrzeuge plündern.
Die Bilder zeigen, wie ein Fahrer auf dem Boden liegt, offenbar nachdem er mit Steinen beworfen worden war. Er wurde Medienberichten zufolge anschließend in ein Krankenhaus gebracht. Die israelische Polizei sicherte später den Tatort, Festnahmen gab es nicht. Die Gruppe war irrtümlich davon ausgegangen, die Lastwagen seien auf dem Weg in den Gazastreifen.
Die Täter stammen allem Anschein nach aus den Reihen religiöser Siedler und rechter israelischer Gruppen. Diese versuchen seit Wochen, den Transport von Hilfsgütern in den Gazastreifen zu verhindern. Sie behaupten, dass diese der Hamas zugutekämen. So ist auf einem der Videos vom Mittwoch zu hören, wie ein Mann mit Blick auf den blutenden Lastwagenfahrer sagt: „Das ist, was mit allen passiert, die der Hamas Essen bringen.“
Plünderungen und schwere Übergriffe
Organisationen wie „Befehl 9“ haben wiederholt Kontrollpunkte und Warenübergänge an der Grenze zum Gazastreifen blockiert. Inzwischen erstrecken sich ihre Aktivitäten auch auf das Westjordanland. Über diese Route bringen seit einigen Wochen vermehrt Lastwagen Hilfsgüter von Jordanien in den Gazastreifen. Den israelischen Sicherheitskräften gelingt es jedoch nicht, die Transporte zu sichern. Es gibt Berichte über Übergriffe und „Kontrollen“ der Lieferscheine von Lastwagen durch Aktivisten.
Schon am Montag hatte eine Gruppe zwei Lastwagen an einem anderen Kontrollpunkt gestoppt, geplündert und schließlich in Brand gesteckt. Eine linke israelische Aktivistin, die die Aktion filmte, sagte, nach dem zwischenzeitlichen Einschreiten der Polizei seien die Täter einfach zurückgekehrt. Sie selbst sei verprügelt und mit Messern bedroht worden.
Der deutsche Botschafter in Israel, Steffen Seibert, nannte den Vorfall vom Montag „eine Schande“. Hilfslieferungen zu überfallen und zu verhindern, dass Bedürftige mit Lebensmitteln versorgt werden, „wird der israelischen Sache, die Geiseln zu befreien und das Land gegen den Terror der Hamas zu sichern, sicherlich nicht helfen“, schrieb er auf der Plattform X. Auch die Regierungen in Washington und London verurteilten den Vorfall.
Die weitgehende Untätigkeit der Polizei in solchen Fällen hat Spekulationen genährt, dass Itamar Ben-Gvir, der als Minister für Nationale Sicherheit auch die Polizei übersieht, Direktiven ausgegeben habe, rechte Aktivisten gewähren zu lassen. Der rechtsradikale Politiker war früher selbst ein Siedleraktivist und ist wegen Aufstachelung zu Rassismus und Unterstützung einer Terrororganisation verurteilt worden.
Medienberichten zufolge weigern palästinensische Lastwagenfahrer im Westjordanland sich aus Angst vor Angriffen inzwischen, für den Gazastreifen bestimmte Hilfstransporte durchzuführen.