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Grundsteuer: Was Sie über die neue Reform wissen sollten

Jeder zahlt Grundsteuer – Eigentümer direkt, Mieter über die Umlage. Zum Jahreswechsel tritt nach langem Vorlauf die Neuregelung in Kraft. Versprochen ist, dass sich die Städte nicht heimlich bereichern auf Kosten der Bürger und Betriebe. Nordrhein-Westfalen veröffentlicht nun als zweites Land für seine Kommunen Grundsteuerhebesätze, die aufkommensneutral wären – doch im Gegensatz zur Regierung in Wiesbaden nennt das Finanzministerium in Düsseldorf nicht nur eine Zahl, sondern gleich drei. Wieso?

Das bevölkerungsreichste Bundesland hat beim Rechnen festgestellt, dass sich die festgestellten Immobilienwerte für das Wohnen und das Gewerbe oft auseinanderentwickelt haben. Die Sorge der Landesregierung ist, dass ein Einheitssatz in vielen Fällen Hauseigentümer, Wohnungsbesitzer, Mieter über Gebühr belasten und Wirtschaftsbetriebe entsprechend entlasten dürfte.

Daher treibt die schwarz-grüne Koalition im Westen kurz vor Toresschluss eine Novelle voran, die den Kommunen das Recht geben soll, beim Hebesatz zwischen Wohnen und Gewerbe zu differenzieren. Diese können das dann nutzen, müssen es aber nicht. Daher gibt es aus Düsseldorf drei Zahlen für jede Kommune, die für Aufkommensneutralität stehen: einen Satz, falls sich die Kommune dafür entscheiden sollte, weiterhin mit nur einem Hebesatz zu arbeiten; zwei für jene Städte, die künftig zwischen Wohnen und Gewerbe differenzieren wollen.

Die kommunalen Spitzenverbände haben zwar den Steuerzahlern versprochen, dass es nicht zu versteckten Mehrbelastungen kommen wird. Aber diese Zusage gilt nur für das Gesamtaufkommen einer Kommune. Das heißt: Für den einzelnen Steuerpflichtigen kann sich selbst dann, wenn das Versprechen eingehalten wird, etwas ändern, im Guten wie im Schlechten – und in krassen Fällen kann die Änderung deutlich sein. Die Grundsteuer wird generell in drei Schritten ermittelt: Zunächst verschickt das Finanzamt – zumeist in einem Umschlag – zwei Bescheide: einen über den Wert und einen über den darauf aufbauenden Messbetrag. Was das bedeutet, wird erst klar, wenn die Gemeinde den Hebesatz, eine Art Steuersatz, für das Jahr 2025 bestimmt.

Das Aufkommen aus der Grundsteuer steht den Kommunen zu (derzeit knapp 16 Milliarden Euro). Sie entscheiden letztlich mit dem Hebesatz über die Belastung der Bürger und Betriebe – oder möglicherweise künftig mit Hebesätzen. Damit die Gemeindevertreter die politische Selbstverpflichtung nicht unterlaufen, hat sich eine Reihe von Bundesländern entschieden, für ihre Kommunen die Größen zu veröffentlichen, die rechnerisch das Gesamtaufkommen stabil halten würden.

Neben Nordrhein-Westfalen will auch Schleswig-Holstein den kommunalen Gestaltungsspielraum erhöhen. Anfang dieses Monats teilte Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) mit, man wolle den Gesetzentwurf aus Düsseldorf inhaltlich unverändert übernehmen. Anders als in NRW stehen die kommunalen Landesverbände offenkundig hinter dem Optionsmodell. Sie sprechen von einer Stärkung des Selbstverwaltungsrechts. Doch müsse man differenzierte Hebesätze verfassungsfest begründen, sodass noch nicht gesagt werden könne, inwieweit von der Möglichkeit Gebrauch gemacht werde, heben sie hervor.

Tatsächlich gibt es schon sehr lange eine Unterscheidung: zwischen Land- und Forstwirtschaft (Grundsteuer A) und den übrigen Immobilien (Grundsteuer B). Aber auch beim Wohnen und dem gewerblichen Wirtschaften unterscheidet die Grundsteuer: In dem einem Fall gilt ein genormtes, auf Durchschnittswerten aufbauendes Ertragswertverfahren, in dem anderen Fall arbeitet die Finanzverwaltung mit dem Sachwertverfahren. Das Zweite begünstigt offenbar die Nichtwohnnutzung. Wenn ein Mehrparteienhaus mit einem Geschäft im Erdgeschoss, einem Friseursalon oder anderem Gewerbe als gemischt genutzt eingestuft wird, kann das zum Vorteil der dort Wohnenden sein. Dann fallen sie unter das Sachwertverfahren – was günstiger sein dürfte.

Der Blick auf die vom Finanzministerium in Düsseldorf errechneten Zahlen lässt erahnen, wie groß die Kluft sein kann. Wenn Kommunen differenzieren, muss der Hebesatz für das Nichtwohnen deutlich stärker erhöht werden als der für das Wohnen, um in jedem Bereich Aufkommensneutralität zu erreichen. Der Einheitshebesatz liegt zwischen diesen differenzierten Hebesätzen.

Die neue Grundsteuer enthält eine Öffnungsklausel für die Bundesländer. Fünf sind direkt eigene Wege gegangen (Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen, Niedersachsen). Die übrigen arbeiten mit dem Bundesmodell. Die Sachsen und die Saarländer haben früh kleinere Abweichungen eingebaut. Berlin hat unlängst ebenfalls Korrekturen angekündigt. Mit Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein sind nun zwei weitere hinzugekommen, die das Bundesmodell aufbohren. Die beiden Länder hatten zunächst darauf gesetzt, dass Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) die Hebesatzoption für die Kommunen in das Gesetz schreibt. Das hat dieser abgelehnt.

Lindner ermunterte stattdessen die Länder, selbst die gewünschten Änderungen vorzunehmen. Die Reform aus dem Jahr 2019 gebe ihnen genügend Spielräume, argumentierte er. Diese Neuregelung gab es, weil das Bundesverfassungsgericht die bestehende Grundsteuer auf Basis von Einheitswerten aus den Jahren 1964 im Westen und 1935 im Osten als unrealistisch verworfen hat.

In Nordrhein-Westfalen und Hessen können Bürger bald überprüfen, ob sich ihre Stadt an das Versprechen hält und sich nicht an der Reform bereichert. Und noch wichtiger: Wenn die Gemeinderäte die neuen Hebesätze festzurren, wissen sie endlich, was die Neuregelung für sie persönlich bedeutet.

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