Koalition einigt sich auf Haushalt und Wachstumspaket
Die Spitzen der Ampel-Koalition haben nach langen Verhandlungen einen Durchbruch beim Bundeshaushalt 2025 und beim Wachstumspaket erzielt. Das wurde der F.A.Z. aus Koalitionskreisen nach Beratungen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bestätigt. Um 11 Uhr wird sich Scholz in Berlin vor der Presse äußern.
Die Einigung zum Bundeshaushalt 2025 und zum Finanzplan bis 2028 sieht vor, dass die Schuldenbremse eingehalten wird, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Regierungskreisen erfuhr. Eine Notlage wurde demnach nicht festgestellt. Innerhalb der Ampel-Koalition hatten sich Vertreter der SPD und der Grünen zuletzt immer wieder dafür eingesetzt, wegen einer Notlage erneut von der im Grundgesetz verankerten Schuldenregel abzuweichen, um mehr Geld für Investitionen zu haben. Die FDP um Finanzminister Christian Lindner hatte diesen Weg abgelehnt.
Um frühen Freitagmorgen kamen die Bundestagsfraktionen von SPD und Grünen zu Sondersitzungen in Berlin zusammen. Seit kurz nach 7 Uhr erklärt Bundeskanzler Olaf Scholz hinter verschlossenen Türen den SPD-Abgeordneten die Details der Haushaltseinigung. Nach Informationen der F.A.Z. spricht er davon, dass 20 Milliarden Euro in den sozialen Wohnungsbau investiert werden könnten. Der Kanzler sagt in der Gesamtzusammenschau: „Das geht schon auf.“ Die Stimmung in der Sondersitzung der SPD-Fraktion wird als gut beschrieben.
Scholz‘ Fraktionschef Rolf Mützenich, der mit der Einberufung der Sitzung für den frühen Morgen den Druck auf die Spitzenverhandler erhöht hatte, wollte noch keinerlei Bewertung des bereits Durchgedrungenen abgeben. „Mal gucken“, sagte er auf eine entsprechende Frage. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) murmelte nach Eintrag in die Anwesenheitsliste: „Es ist ein schöner Morgen, die Sonne scheint, Keir Starmer wird Ministerpräsident, und wir haben einen Haushalt.“ Dieser werde später bewertet.
Reform der Schuldenbremse „nicht notwendig“
Für CDU-Chef Friedrich Merz zeigt die Haushaltseinigung der Ampel-Regierung, dass eine Reform der Schuldenbremse nicht notwendig ist. „Die Schuldenbremse, so wie sie im Grundgesetz angelegt ist, ist richtig“, sagte er im ARD-„Morgenmagazin“. „Sie hat bis heute dafür gesorgt, dass wir eben nicht zu hohe Schulden machen. Sie gibt viele Spielräume.“ Diese seien von der Koalition ausgenutzt worden und zeigten, dass eine Regierung auch mit geltender Bremse Schulden aufnehmen könne. „Und das ist das, was die Koalition gegenwärtig tut. Darüber hinaus weitere Schulden zu machen, ist unverantwortlich“, betonte er.
Unmittelbar vor der Sondersitzung hat SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese die Einigung der Ampel-Spitzen auf einen Haushaltsentwurf 2025 und ein Paket zur Stärkung des Standorts begrüßt. „Es ist ein gutes Signal heute früh, dass sich die Koalition auf einen Haushaltsentwurf und ein Wachstumspaket für die Zukunft des Landes verständigt hat“, sagte der Sprecher des Seeheimer Kreises der Fraktion der Nachrichtenagentur Reuters. Er sei Bundeskanzler Olaf Scholz für seinen Verhandlungseinsatz sehr dankbar. „Es zeigt, dass diese Koalition handlungsfähig ist und sich der Verantwortung für das Land stellt“. Wiese fügte mit Blick auf das anstehende EM-Fußballspiel hinzu: „Jetzt fehlt nur noch ein Sieg gegen Spanien am heutigen Abend.“
Auch die Grünen begrüßten die Haushaltseinigung. „Ich glaube, es ist gut, dass wir in der geopolitischen Lage jetzt Handlungsfähigkeit beweisen“, sagte Parteichefin Ricarda Lang der Deutschen Presse-Agentur vor Beginn einer Sitzung der Grünen-Bundestagsfraktion in Berlin. Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge geht nach der Nachtsitzung zum Bundeshaushalt von einem Ergebnis aus, dass ihre Fraktion mittragen könne. Die Grünen hätten immer die Erwartung gehabt, am Ende keinen Haushalt vorzustellen, der das Land „kaputtspart“, sagte sie dem Deutschlandfunk. Themen wie Familien und Kinder sowie der Klimaschutz hätten für ihre Fraktion bei den Verhandlungen eine „starke Priorität“ gehabt. Das müsse sich auch im Endergebnis darstellen.
Gleichzeitig bedauerte Dröge es, dass sich eine Reform der Schuldenbremse bei den Gesprächen nicht durchgesetzt habe. „In der Haushaltspolitik hat sich Christian Lindner sehr stark in bestimmten Fragen eingemauert und die aus meiner Sicht über andere notwendige Themen gestellt“, sagte Dröge kurz vor der Sitzung ihrer Fraktion zu den Ergebnissen der Haushaltsberatungen. Die Einhaltung der Schuldenbremse „über Sicherheit und Verteidigung“ zu setzen, sei „keine vernünftige Prioritätensetzung“, betonte Dröge.
Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marcus Faber, lobt die Einigung mit Blick auf den Wehretat. „Der erneute Aufwuchs des Verteidigungshaushalts unterstreicht die hohe Priorität der Modernisierung der Bundeswehr“, sagt der FDP-Politiker der Funke-Mediengruppe. „Die Bundesregierung setzt in ihrem Entwurf die richtigen Prioritäten für die Sicherheit unserer Republik.“
Kabinettsbeschluss noch im Juli
Scholz, Habeck und Lindner hatten in den vergangenen Wochen häufig verhandelt. Sie wollten eigentlich bis zu diesem Mittwoch eine Verständigung schaffen. Jetzt ist der 17. Juli für den Kabinettsbeschluss im Gespräch. Um diesen Termin zu erreichen, war eine baldige Grundsatzeinigung nötig, weil die Ausarbeitung des Haushaltsgesetzes dann in der Regel noch etwa zehn Tage dauert. Ab Mitte September befasst sich dann der Bundestag mit dem Haushaltsentwurf, der dann im November oder Dezember beschlossen werden könnte.
Einzelne Ressorts wie das Auswärtige Amt oder das Entwicklungsministerium wollten Sparvorgaben Lindners mit Blick auf internationale Verpflichtungen zunächst nicht akzeptieren. Strittig war auch der Sozialetat. Daneben bestand immer noch eine Lücke von rund 10 Milliarden Euro, die geschlossen werden musste. Vor allem die SPD drang mit Blick auf finanzielle Belastungen durch den Ukrainekrieg, die Schuldenbremse abermals auszusetzen, um mehr Spielraum für Investitionen zu haben. Für Lindners FDP kam das nicht infrage. Die SPD lehnte Kürzungen im Sozialetat ab.
Wachstumspaket beschlossen
In diesem Jahr wird in Deutschland nur ein Mini-Wachstum erwartet. Unternehmen halten sich mit Investitionen zurück, auch der private Konsum kommt nicht in Schwung. Wirtschaftsverbände beklagen seit langem Standortnachteile wie eine hohe Steuer- und Abgabenlast, einen Mangel an Fachkräften und zu viel Bürokratie.
Hier will die Regierung mit dem „Wachstumsturbo“ ansetzen. Scholz hatte bereits gesagt, die Bundesregierung wolle private Investitionen fördern. Er stellte verbesserte steuerlichen Abschreibungen für Firmen in Aussicht. Außerdem sollten die Erwerbstätigkeit von Eltern erleichtert und Arbeitsanreize erhöht werden, auch steuerlich.
Wehretat deutlich weniger erhöht
Schon am Donnerstagabend meldete die „Bild“-Zeitung, dass der Wehretat des Bundesverteidigungsministeriums im kommenden Jahr deutlich weniger erhöht ausfällt als von Minister Boris Pistorius (SPD) angestrebt. Wie die Zeitung unter Berufung auf Angaben aus dem Verteidigungsministerium berichtete, soll der Etat um 1,17 Milliarden Euro steigen. Pistorius hatte hingegen eine Erhöhung um mindestens 6,5 Milliarden Euro gefordert.
Auf die Erhöhung um nun 1,17 Milliarden Euro hätten sich Scholz, Lindner und Habeck in ihren Gesprächen am Nachmittag geeinigt, berichtete die Zeitung weiter. Diese sollen die bereits vom Bundesfinanzministerium geplanten 52 Milliarden Euro ergänzen.
Aus Koalitionskreisen verlautete „Bild“ zufolge, Deutschland werde trotz der geringeren Aufstockung der Verteidigungsausgaben das Zwei-Prozent-Ziel der Nato im kommenden Jahr einhalten. Dies werde durch das im Grundgesetz verankerte Bundeswehr-Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro abgesichert.