„Deutschland spricht“ 2024: Fragen beantworten und mitmachen
Nach den starken Ergebnissen der AfD bei den Kommunalwahlen 2024 in Sachsen, Brandenburg und Thüringen erwarten viele Menschen, dass es bei den Landtagswahlen im September zu ähnlichen Erfolgen für die Partei kommen könnte. Die Politik warnt seit Jahren vor einer zunehmenden Spaltung zwischen Ost und West – doch was sind die Gründe für die wachsende Demokratieverdrossenheit und den damit verbundenen Aufstieg rechtsextremer Parteien im Osten Deutschlands? Welche Motivation, welche Denkweisen und welche Lebensrealitäten lassen Ostdeutsche so wählen, wie sie wählen?
Über diese und weitere Fragen diskutieren die diesjährigen Teilnehmer des Dialogformats „Deutschland spricht“. Zusammengebracht werden sie von einem Algorithmus, für welchen Herkunft, Alter oder Geschlecht irrelevant sind. Mithilfe von kontroversen Ja-nein-Fragen finden Menschen zu Vieraugengesprächen zusammen, die völlig gegensätzliche Ansichten vertreten. So trifft Auto-Fanatiker auf Fahrradfahrerin und Atomwaffen-Befürworterin auf Pazifisten. Die Aktion „Deutschland spricht“ macht es möglich.
„Deutschland spricht“: Speed Dating, um politisch zu streiten
Vom 12. August an bis zum 10. September haben alle Leserinnen und Leser der F.A.Z. die Chance, sich über die Beantwortung von acht Fragen in unseren Texten auf FAZ.NET anzumelden. Einmal registriert, können sich die zusammengebrachten Paare zu einem Eins-und-eins-Gespräch treffen – virtuell oder persönlich.
Seit 2017 haben sich bereits mehr als 90.000 Menschen für „Deutschland spricht” registriert. Die Idee für eine „Datingplattform für politischen Streit” entstand in der Redaktion von „Zeit Online“ vor der Bundestagswahl 2017. Die F.A.Z. ist auch in diesem Jahr dabei. 2022 stellten sich 6197 Menschen kontroversen Fragen, wobei deutlich mehr Menschen aus dem Westen Deutschlands teilnahmen als aus dem Osten. „Solche Diskussionen sind wichtig für den gesellschaftlichen Zusammenhalt“, sagte ein Diskutant aus der vergangenen Aktion über sein Vieraugengespräch.
Eine Frage, welche die Teilnehmer in dem Jahr umtrieb, als Russland den Angriffskrieg gegen die Ukraine startete, wird sie auch dieses Mal beschäftigen: Sollte Deutschland die Wehrplicht wieder einführen? Nur 28,1 Prozent der unter 30-Jährigen beantworten die Frage 2022 mit „Ja“, 71,9 Prozent sprachen sich dagegen aus. Bei den über 65-Jährigen sprachen sich 52,5 Prozent dafür aus und 47,5 Prozent dagegen. Doch die globale Situation hat sich seitdem verschärft: Neben dem Krieg in der Ukraine tobt im Nahen Osten ein weiterer bewaffneter Konflikt.
2022 stritten Leser und Leserinnen der F.A.Z. über die Frage, ob ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen gelten sollte. 56,7 Prozent der teilnehmenden Frauen sprachen sich damals dafür, 51,1 Prozent der Männer dagegen aus. Knapp 60 Prozent der unter Dreißigjährigen befürworteten ein Tempolimit, bei den über Fünfundsechzigjährigen waren es acht Prozent weniger. In diesem Jahr gehen wir noch einen Schritt weiter und fragen: Sollten deutsche Innenstädte autofrei sein?
Bei der Mehrheit der Teilnehmer 2022 hinterließen die Gespräche einen positiven Eindruck. Obwohl sie sich im Dissens begegneten, sind die Diskutanten ihrem Gegenüber in den meisten Fällen aufgeschlossen gewesen, wie ihr Feedback zu den Treffen im Nachhinein zeigte. „Es hat mich überrascht, wie entspannt und interessant es war, mit einer fremden Person die Gedanken auszutauschen“, schrieb einer. Eine andere Person lobte „die Vielfältigkeit der Ansichten, die Offenheit und die freundliche Grundstimmung“ des Gesprächs. Nicht wenige Teilnehmer entschieden sich nach ihrem ersten Gespräch für weitere Diskussionen mit neuen Partnern. Es wurde gestritten, zugehört und an manchen Stellen sogar die bestehende Meinung umgestimmt – oder die eigene bestärkt.
Haben Sie Bedenken, ihre politischen Ansichten frei zu äußern? Laut einer Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach und des Medienforschungsinstituts Media Tenor aus dem Jahr 2023 glauben nur 40 Prozent der Befragten, dass sie in Deutschland ihre Meinung frei artikulieren können. Damit hatte die Bevölkerung seit 1953 noch nie so große Bedenken gehabt, ihre Ansichten zu äußern. Eigentlich ist die Meinungsfreiheit klar durch das Grundgesetz geschützt – doch wo ziehen unsere Leser und Leserinnen eigentlich die Grenze zwischen „von der Meinungsfreiheit gedeckt“ und „strafrechtlich relevant“, was darf man heute eigentlich noch sagen – und ist die Meinungsfreiheit in Deutschland wirklich in Gefahr? Genug Stoff, um im Gespräch mit einem andersdenkenden Gegenüber neue Blickwinkel kennen- und verstehen zu lernen.
Auch in diesem Jahr soll mit der Leserdebattenaktion Menschen aus den unterschiedlichsten Ecken des Landes zusammengeführt werden, um ein aktuelles Stimmungsbild der Gesellschaft zu zeichnen. Haben wir das Interesse an einem produktiven Diskurs auf Augenhöhe verloren, oder finden wir doch noch Verständnis füreinander? Sie möchten auch eine fremde Person treffen, die eine völlig gegensätzliche Meinung vertritt? Dann beantworten Sie unsere Frage im Text und werden ein Teil der Debattenaktion.