Commerzbank und Unicredit global nur Zwerge: Heftiges Kursminus
Der Jubel an jenem 29. September vor zwei Jahren war groß. Endlich mal wieder ein Börsengang von global relevantem Format in Frankfurt. Die Porsche AG wagte zum Dax-Jahrestief von unter 12.000 Punkten den Sprung aufs Parkett – er gelang mit Bravour. Wermutstropfen aus Sicht des Finanzplatzes: Die Kunst, in einer sehr schwierigen Marktphase Aktien im Wert von mehr als neun Milliarden Euro bei Anlegern unterzubringen, hatten die Stuttgarter federführend der Bank of America anvertraut sowie der Citigroup, Goldman Sachs und J.P. Morgan. Alle vier amerikanische Banken.
Die mindestens seit der Finanzkrise geführte Debatte, ob die deutsche Wirtschaft nicht einen deutschen Bankpartner von Weltformat brauche, um Transaktionen von Weltformat durchzuführen – Porsche hat die Frage beantwortet. Es geht auch ohne deutsche Banken. Sogar ohne europäische. Deutsche Bank, Commerzbank und Landesbank Baden-Württemberg waren ebenso nur in der zweiten und dritten Reihe beteiligt wie BNP, Santander oder Barclays. Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing soll dem Vernehmen nach wenig amüsiert gewesen sein über die Rolle, die seinen Investmentbankern beim Porsche-Börsengang zugewiesen wurde. Das dürfe nie wieder passieren, soll er gesagt haben. Und in der Tat war der Porsche-Börsengang der Tiefpunkt in mehrerlei Hinsicht für die deutschen Banken. Von 7,65 Euro je Aktie ging es für die Deutsche Bank immerhin auf nun gut 14 Euro hinauf. Bei der Commerzbank stieg der Kurs von 7,34 auf nun 15 Euro.
Rekordhochs sehr weit entfernt
Die Zinswende hat den Kursen geholfen. Aber ebenso wurden im Management von Commerzbank und Deutscher Bank wieder mehr richtige Entscheidungen getroffen als falsche. Der Weg zuvor war bitter. Das Kurshoch der Deutschen Bank stammt aus dem Jahr 2007 mit gut 91 Euro, also mehr als dem Sechsfachen des heutigen Kurses. Die beste Zeit der Commerzbank-Aktie stammt sogar aus dem Frühjahr 2000 mit Kursen, die sechzehnmal höher sind als heute. Der Deutschen Bank machten die Übernahme der Postbank zu schaffen und die juristische Aufarbeitung früherer Vergehen. Zeitweise hieß es spöttisch über die Bank, eine derartige Bedeutung der juristischen Abteilung kenne man sonst nur von Mafia-Familien. Die Commerzbank wiederum geriet in der Finanzkrise in derart schweres Fahrwasser, dass nur eine Teilverstaatlichung die Bank retten konnte, die mitten in der Finanzkrise die Dresdner Bank übernahm.
Der angekündigte Rückzug des deutschen Staats nach 16 Jahren eröffnet der Aktie der Commerzbank nun neue Perspektiven. Von den einst fünf Banken zu Dax-Gründungszeiten, Commerzbank, Deutsche Bank, Dresdner Bank, Bayerischen Hypotheken- und Wechselbank und der Bayerischen Vereinsbank, könnten bald vier davon (alle außer der Deutschen Bank), in der italienischen Unicredit beheimatet sein. Die bayerischen Banken sind es schon seit 2005.
Die Unicredit hat sich nun die erste zum Verkauf stehende deutsche Staatstranche von 4,5 Prozent meistbietend gesichert und am Aktienmarkt weitere 4,5 Prozent der Aktien gekauft. 12 Prozent der Aktien sind noch in Staatshand. Das Interesse an den Aktien und der Kaufpreis der Unicredit von 13,50 Euro haben die Phantasie der Anleger nicht nur in der Commerzbank-Aktie angeregt. In ihr aber vor allem, der Kurs sprang am Mittwoch um mehr als 16 Prozent und am Donnerstag noch mal um fünf Prozent auf ebenjene gut 15 Euro. Viele Analysten stuften Bankaktien hoch mit dem Argument „M&A“ sei zurück in dem Markt, also die Tätigung von Fusionen (Mergers) und Übernahmen (Acquisitions). Wie weit dies am Aktienmarkt trägt, werden die nächsten Wochen zeigen.
Traum vom europäischen Champion
Viel ist die Rede von einem europäischen Champion, der nun geformt werden könnte. Der Blick auf die Bewertung der Bankaktien zeigt indes, dass die Führungsrolle hierbei im Euroraum eher den Italienern mit der Unicredit und Intesa Sanpaolo oder den Franzosen mit der BNP Paribas oder den Spaniern mit Banco Santander oder den Niederländern mit der ING zufiele. Die Deutsche Bank kommt im europäischen Bankenvergleich erst auf Rang 16, die Commerzbank auf der 25. Global sind es die Ränge 76 und 117.
Während die deutschen Banken sich mit ihren Übernahmen, juristischen Themen, IT und europäischer Regulierung schwertaten, expandierten vor allem die amerikanischen Banken gewaltig. Während der Börsenwert der Deutschen Bank seit Mai 2007 um 61 Prozent absackte im Vergleich zu heute, stieg der Wert der globalen Nummer eins, J.P. Morgan, um stolze 233 Prozent auf 590 Milliarden Dollar. Das ist eine andere Welt. Im Konzert der wertvollsten Unternehmen der Welt liegt J.P. Morgan damit immerhin auf Rang 15 und damit halbwegs in Schlagdistanz zu den großen Tech-Werten. Visa und Mastercard sind die zweit- und drittwertvollsten Finanzkonzerne mit 580 und 450 Milliarden Dollar.
Die erste europäische Bank kommt mit der HSBC auf Rang 93 der Weltkonzerne, die UBS auf 163 und die BNP als Nummer eins aus dem Euroraum auf Rang 229 mit 72 Milliarden Euro Börsenwert. Deutsche Bank und Commerzbank kommen auf 28 und 18 Milliarden Euro. Der Weg zur Spitze ist somit weit. Aber wer mit einer Konsolidierung in der europäischen Bankenlandschaft rechnet, so komplex dies auch im Geflecht nationaler Interessen sein mag, kann auf den ein oder anderen Kurssprung hoffen. J.P. Morgan hat wegen dieses „Starts eines M&A-Zyklus“ einige Bankaktien hochgestuft, Banco BPM, ABN Amro und Commerzbank zum Beispiel. Favorit unter den Analysten bleiben aber eher die größeren Banken wie Unicredit und Intesa Sanpaolo. Das größte Kurspotential wird der BNP zugeschrieben. Während die Commerzbank auf dem gestiegenen Kurs vielen schon wieder ausgereizt vorkommt.