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Intelligenzforscherin: IQ sagt Erfolg relativ gut vorher

Intelligenzforscherin: IQ sagt Erfolg relativ gut vorher

Frau Schubert, wenn Sie einem Menschen zum ersten Mal begegnen: Woran erkennen Sie, dass er intelligent ist?

Wenn jemand auch einem längeren Gespräch sehr gut folgen kann, sich gut in komplexe Zusammenhänge hineinversetzen kann und einen großen Wortschatz hat, dann können das Zeichen hoher Intelligenz sein.

Aber es muss kein Ausweis von Intelligenz sein, wenn man seine Bildung zur Schau stellt und mit Fremdwörtern um sich wirft – oder?

Es könnte natürlich auch Ausweis mangelnder Bescheidenheit sein. Aber tatsächlich hängen Bildung und Intelligenz schon recht stark miteinander zusammen. Die Psychologie kennt zwei Formen von Intelligenz. Die eine ist die fluide Intelligenz: Wie gut kann ich schlussfolgern, mir Dinge merken, Dinge verarbeiten? Die andere Form ist die kristallisierte Intelligenz, das erlernte Wissen.

Um Intelligenz zu ermitteln, gibt es Tests, aus denen sich der Intelligenzquotient (IQ) berechnen lässt. Der Mittelwert liegt bei 100, von 130 an gilt man als hochbegabt. Wie belastbar ist diese Zahl?

Ein psychologischer Test ist keine Waage und kein Maßband, er hat immer eine gewisse Ungenauigkeit. Wenn dabei zum Beispiel ein IQ von 110 herauskommt, ist es wahrscheinlich, dass der reale Wert zwischen 105 und 115 liegt – das ist abhängig von der Messgenauigkeit der Tests.

Ich habe einmal fünf Intelligenztests hintereinander gemacht, die von gleicher Art, aber nicht identisch waren. Im ersten habe ich am schlechtesten abgeschnitten. Ist ein gutes Resultat also auch Übungssache?

Man lernt tatsächlich in gewisser Weise, wie diese Tests funktionieren, und ist auch mit der Testsituation viel vertrauter. In einer Metaanalyse haben sich Forschende einmal systematisch angeschaut, was passiert, wenn Versuchspersonen zweimal den gleichen Intelligenztest machen. Die Leute haben beim zweiten Mal deutlich besser abgeschnitten. Wenn man solche Tests öfter wiederholt, gibt es definitiv einen Trainingseffekt.

Und wie viele IQ-Punkte macht dieser Effekt aus?

In der erwähnten Metaanalyse waren es durchschnittlich fünf Punkte. Das ist schon eine ganze Menge.

Anna-Lena Schubert mit EEG-Equipment.

Anna-Lena Schubert mit EEG-Equipment.
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Bild: Samira Schulz

Was sagt dieser Wert über die tatsächlichen Fähigkeiten eines Menschen aus? Muss man einen IQ von 130 haben, um Professor zu werden?

Es gibt keinen Wert, von dem an man für einen bestimmten Beruf geeignet ist. Aber wir wissen, dass der Intelligenzquotient den Erfolg in Schule, Studium und Beruf relativ gut vorhersagen kann.

In einem Bewerbungsverfahren ist ein Intelligenztest demnach sinnvoll.

Der IQ ist auf jeden Fall einer der besseren Indikatoren, die man verwenden kann. Das wird auch oft gemacht, ist aber bei Bewerbern nicht unbedingt beliebt, und manchen Führungskräften erscheint es zu abstrakt. Gerade auf der Managementebene zählen ja auch noch andere Fähigkeiten. Aber wenn man nur ein Auswahlverfahren anwenden kann, ist der Intelligenztest – neben der Arbeitsprobe – die beste Methode, um die spätere Leistungsfähigkeit im Job vorherzusagen.

Viel diskutiert wird über emotionale Intelligenz. Kann man sie gut messen, und was sagen die Resultate aus?

Es gibt zwei Arten von Tests für emotionale Intelligenz. Die einen sind im Grunde Selbstberichte: Die Personen sollen einschätzen, wie empathisch sie sind. Das Problem ist, dass viele Menschen hierbei – ebenso wie bei der kognitiven Intelligenz – ihre Fähigkeiten überschätzen. Eine andere Art von Tests misst tatsächlich Fähigkeiten, zum Beispiel im Erkennen von Gesichtsausdrücken. Aber da gibt es eigentlich kein „richtig“ oder „falsch“, sondern es wurde zuvor mit einer großen Stichprobe ermittelt, wie die meisten Menschen bestimmte Gesichtsausdrücke bewerten – und wenn die Antworten im Test mit denen der Mehrheit übereinstimmen, gilt man als emotional intelligent. Das heißt aber keineswegs, dass Mitarbeitende eines Unternehmens eine Führungskraft, die in solch einem Test gut abschneidet, als besonders empathisch wahrnehmen.

Dann sind solche Tests also nicht besonders sinnvoll?

Es gab eine Zeit lang einen regelrechten Hype darum. Solche Tests sind ja auch angenehmer als Tests für kognitive Intelligenz. Es wurde auch zeitweise vermutet, dass eine hohe emotionale Intelligenz kognitive Defizite kompensieren könne. Aber das scheint nicht der Fall zu sein. Deshalb würde ich sagen, man kann solche Tests machen, aber sie sind kein Ersatz für die Feststellung der kognitiven Intelligenz.

Erfasst der Begriff „Intelligenz“ auch handwerkliches und künstlerisches Talent?

Die Psychologie spricht hier eher von Begabungen oder Fähigkeiten. Es gab früher eine Theorie der multiplen Intelligenz, die auch sprachliche und musikalische Fähigkeiten umfasste und sogar eine naturalistische Intelligenz – also die Fähigkeit, Naturphänomene zu beobachten. Das hat sich aber nicht als wissenschaftlich haltbar erwiesen.

Und wie ist es mit Kreativität?

Es gibt Theorien der Intelligenz, die den Faktor Kreativität einschließen. Sie wird dann als die Fähigkeit zu divergentem Denken beschrieben. Man kann sie zum Beispiel mit einer Testaufgabe ermitteln, in der es darum geht, möglichst viele verschiedene Lösungsansätze für ein konkretes Problem zu entwickeln.

In Ihrer Forschung befassen Sie sich mit Zusammenhängen zwischen Intelligenz und Reaktionsgeschwindigkeit. Wenn Ihnen im Gespräch Ihr Smartphone aus der Hand fällt, und Ihr Gegenüber fängt es blitzschnell auf – ist diese Person dann womöglich besonders intelligent?

Vielleicht ist es auch nur ein gut trainierter Sportler (lacht). Aber ja, das kann ein Indiz sein.

Sie haben gerade mit einer Studie begonnen, für die Sie noch Teilnehmer suchen. Was für Experimente machen Sie da?

Bei einem ersten Termin absolvieren die Teilnehmenden zwei klassische Intelligenztests und lösen dazu noch Gedächtnisaufgaben, sodass wir ein detailliertes Bild ihrer kognitiven Fähigkeiten bekommen. Beim zweiten Termin absolvieren die Personen Reaktionstests, während wir mit dem Elektroenzephalographen ihre Hirnaktivität aufzeichnen. Dann können wir sehen, welche Zusammenhänge zwischen Verarbeitungsgeschwindigkeit und Intelligenz bestehen. Wir haben in der Vergangenheit schon festgestellt, dass die neuronale Verarbeitungsgeschwindigkeit sehr stark mit Intelligenz korreliert. Wenn sich das in unseren Studien weiterhin bestätigt, könnte man vielleicht irgendwann die Intelligenz einer Person mit einem EEG ermitteln.

Und Sie nutzen auch Kernspintomographie, um sich die Aktivität bestimmter Hirnregionen anzuschauen?

Genau, das tun wir bei einem dritten Termin. Da schauen wir uns vor allem die Gehirnstruktur an, also die strukturelle Integrität und Konnektivität. Wir achten zum Beispiel auf den Zustand der Myelinscheiden, das sind die Isolierschichten der Nervenbahnen. Und dann prüfen wir, ob es Zusammenhänge gibt mit den Resultaten der Intelligenz- und Reaktionstests.

Inwieweit ist Intelligenz erblich?

Es gibt sehr gute Studien, die zeigen, dass Intelligenz zu 50 bis 70 Prozent genetisch bestimmt ist.

Wenn also 30 bis 50 Prozent von Umweltfaktoren abhängen – auf welche Weise lässt sich Intelligenz dann am besten steigern?

Erst einmal ist es hilfreich, zur Schule zu gehen. Jedes Schuljahr bringt zwei bis drei IQ-Punkte, das ist durch Studien gut belegt. Dann gibt es natürlich alle möglichen kognitiven Trainings, aber da finde ich die Evidenz nicht so überzeugend. In der COGITO-Studie wurden in Berlin Leute 100 Tage intensiv im Labor trainiert, da hat man tatsächlich Effekte auf die Intelligenz gesehen. Aber einmal die Woche ein Sudoku auszufüllen macht zwar sicherlich Spaß, hat jedoch keine nachweisbaren Effekte auf die Intelligenz.

Welche Rolle spielt die Ernährung?

Mangelernährung kann die kognitiven Fähigkeiten beeinträchtigen, und wenn der Mangel kompensiert wird, zeigen sich positive Effekte. Klare Belege dafür, dass es sinnvoll ist, bestimmte Speisen oder Nahrungsergänzungsmittel zu sich zu nehmen, sehe ich aber nicht.

Vermutlich hilft es auch, nicht krank zu werden. Laut einer neuen Studie kann Long Covid den Intelligenzquotienten um sechs Punkte senken.

Das wird man sich in den nächsten Jahren genau anschauen müssen. Wir wissen, dass eine Corona-Infektion sich auf das Gehirn auswirken kann. Menschen mit Long Covid haben oft Gedächtnisprobleme und Aufmerksamkeitsstörungen. Hier gibt es noch sehr viel Forschungsbedarf.

Vor 30 Jahren gab es große Aufregung um das Buch „The Bell Curve“ von Charles Murray und Richard Herrnstein. Darin wurde unter anderem behauptet, schwarze Amerikaner hätten einen durchschnittlich um 15 Punkte niedrigeren IQ als weiße. Den Autoren wurden damals methodische Mängel und sogar Rassismus vorgeworfen. Wenn man aber annimmt, dass 50 Prozent der Intelligenz durch Umweltfaktoren bestimmt sind, wäre das Resultat doch plausibel: Schwarze Amerikaner wurden jahrhundertelang systematisch von Bildung ferngehalten.

Das ist ein sehr heikles Thema. „The Bell Curve“ hat damals eine riesige Debatte ausgelöst, auch weil natürlich völlig unklar ist, welche Faktoren zu einem möglichen Intelligenzunterschied zwischen Ethnien beitragen können. Mit großer Sicherheit spielen soziale Faktoren wie die von Ihnen angesprochenen eine entscheidende Rolle. Wir haben ja schon vorher darüber gesprochen, dass man in solchen Tests einfach besser abschneidet, wenn man generell mit standardisierten Leistungstestungen vertraut ist. In den USA ist die Intelligenzforschung eine Zeit lang sehr in Verruf geraten und leidet auch heute noch darunter, dass einzelne Studien, in der Regel entgegen der Absicht der Forschenden, zur Rechtfertigung diskriminierender oder rassistischer Einstellungen herangezogen werden. Ich glaube aber, dass es generell sehr schwer ist, Intelligenztests zu konstruieren, die so fair sind, dass sie sich für Vergleiche zwischen verschiedenen Ländern und Ethnien eignen, und eine solche Forschung daher eigentlich gar nicht seriös betrieben werden kann.

Warum?

Man müsste zunächst mal eine repräsentative Stichprobe aus der Bevölkerung ziehen. Und dann könnte man nur Personengruppen mit ähnlichem Bildungslevel und sozialem Status miteinander vergleichen. Zu berücksichtigen wäre auch, dass Kinder in westlichen Schulsystemen oft Erfahrung mit Leistungstests haben, etwa im Rahmen der PISA-Studien, und deshalb mit Testungen vertrauter sind als in anderen Schulsystemen. Kurzum: Wirklich faire Verfahren, mit denen sich Intelligenzunterschiede zwischen den Bevölkerungen unterschiedlicher Länder oder Ethnien seriös feststellen ließen, gibt es meiner Meinung nach derzeit nicht. Daher stehe ich solchen Studien sehr skeptisch gegenüber.

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