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Nazi-Parolen auf Sylt: Studentin entlassen und bald exmatrikuliert?

Der Fall Sylt hat für die Betroffenen weitere Konsequenzen. Der Studentin aus dem Video droht die Exmatrikulation. Das teilte die Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg (HAW Hamburg) am Montag mit: „Auf Grundlage des Hamburgischen Hochschulgesetzes wird aktuell geprüft, ob ein Exmatrikulationsverfahren eingeleitet werden kann.“ Außerdem erteilt die Hochschule der Frau ein zweimonatiges Hausverbot und schließt sie von Lehrveranstaltungen aus.

Bereits kurz nach dem Auftauchen des Videos hatte die HAW sich zu dem Clip geäußert. In den Instagram-Kommentarspalten forderten viele Nutzer eine sofortige Exmatrikulation: „Wollte mich eigentlich fürs Wintersemester bewerben, aber jetzt überlege ich es mir noch mal. Solche Kommilitonen möchte ich nicht haben“, schrieb eine Nutzerin. Der Kommentar bekam 2000 Likes.

„Die enorme Prangerwirkung muss man bei der Entscheidung miteinbeziehen“

Mirjam Rose, Fachanwältin für Verwaltungsrecht und spezialisiert auf Hochschulrecht, sagt, laut dem Hamburger Hochschulgesetz komme für eine Exmatrikulation Paragraph 42, Abs. 3, Nr. 3 infrage: „Studierende können exmatrikuliert werden, wenn sie der Hochschule durch schweres, schuldhaftes Fehlverhalten Schaden zugefügt haben.“ Das sei jedoch eine Ermessensentscheidung.

Laut Rose ist insbesondere die grundlegende Frage, die es zu klären gilt, ob das Fehlverhalten der Hochschule Schaden zugefügt hat. Sie hat Zweifel, ob die Studentin für das Skandalvideo von der Hochschule verwiesen werden kann. Zwar könne man beim Tatbestand der Volksverhetzung von einem schweren Fehlverhalten ausgehen. Die Hürden, dass der Straftatbestand erfüllt ist, sind jedoch hoch. „Ich habe aber meine Bedenken, dass die junge Frau ihrer Hochschule mit dem Singen vorsätzlich schweren Schaden zufügen wollte, da das Singen erst einmal nichts unmittelbar mit der Hochschule zu tun hat“, sagt Rose.

Denn in dem Moment, in dem sie „Ausländer raus“ singe, sei sie nicht als Studentin der HAW zu erkennen. Das sei erst durch die Verbreitung in den Medien und im Internet geschehen. „Diese enorme Prangerwirkung muss man bei der Entscheidung miteinbeziehen.“ Eine unverhältnismäßige Exmatrikulation sei auch ein Eingriff in die Grundrechte der jungen Frau. „Sie hat ihren Job verloren, ihr Klarname und ihr Foto wurden öffentlich gemacht. Da ist die Frage, ob es verhältnismäßig ist, wenn sie ihren Uniplatz auch noch verlieren muss. Dies ist bei einer Abwägung der Rechte ebenfalls miteinzubeziehen.“

Die Studentin kann einen Widerspruch einlegen und im nächsten Schritt am Verwaltungsgericht gegen die Exmatrikulation klagen. Bei dem zweimonatigen Hausverbot hat Rose weniger Bedenken. „HAW muss für Sicherheit und Ordnung auf dem Campus sorgen“, sagt Rose. Ein Erscheinen der jungen Frau an der Hochschule könnte zu Unruhen führen oder sogar Ausschreitungen.

Sind die Kündigungen der „Ausländer raus“-Sänger durchsetzbar?

„Grundsätzlich ist es dem Arbeitgeber nicht möglich, den Mitarbeiter für Verhalten in der Freizeit arbeitsrechtlich zu sanktionieren“, sagt Alexander Bissels von der internationalen Anwaltskanzlei CMS. Anders sei es jedoch, wenn durch Verhalten im privaten Bereich Beeinträchtigungen des Arbeitsverhältnisses auftreten, „zum Beispiel wenn ein Mitarbeiter in Dienstkleidung öffentlich Straftaten begeht“.

Im Fall der „Ausländer raus“-Sänger von Sylt sei das nicht unmittelbar der Fall. „Jedoch wurden die Arbeitgeber der Betroffenen recht schnell bekannt. Nachgelagert konnte man einen Bezug herstellen, auch weil in den Linkedin-Profilen Arbeitgeber aufgeführt wurden.“ Für den Arbeitgeber könne es zu einer Drucksituation, zu finanziellen Einbußen oder Imageverlust kommen.

Die junge Frau hatte zuvor bei einer Influencerin mit Hunderttausenden Followern gearbeitet, der Mann, der den Hitlergruß andeutete, bei einer großen Werbeagentur. „Das sind Arbeitgeber, die mit Öffentlichkeitsarbeit umzugehen haben“, sagt Bissels. Aufgrund des Skandals seien die Interessen der Arbeitgeber durch das Verhalten ihrer Mitarbeiter durchaus beeinträchtigt.

Ein wichtiger Aspekt ist Bissels zufolge, wer das Video verbreitet hat und in welchem Rahmen. Dass alle Personen wissen, dass sie gefilmt werden, sei unstrittig. Mit Jobs in der Öffentlichkeitsarbeit müsse den Personen klar gewesen sein, dass so ein Video viral gehen kann. „Wenn jemand im PR-Bereich oder als Assistentin einer Influencerin tätig ist und dann mit Volksverhetzung in Verbindung gebracht wird, kann das Auswirkungen auf den Arbeitgeber haben.“ Daher könne man nicht davon ausgehen, dass die Kündigung unwirksam wäre, nur weil sich der Vorfall im privaten Bereich zutrug.

„Die Folgen für die junge Frau dürften katastrophal sein“

In einer nicht bestätigten Entschuldigung der jungen Frau aus dem Video sagte sie, man habe unter Alkoholeinfluss nur ein Meme nachgeahmt, also ein bekanntes Internetphänomen nachgespielt. Im Zuge der Berichterstattung veröffentlichte die „Bild“-Zeitung private Daten der Betroffenen. Unter anderem wurden die Gesichter unverpixelt gezeigt.

Auf Anfrage der F.A.Z. äußerte sich der deutschlandweit bekannte Medienanwalt Christian Schertz zu möglichen Rechtsverletzungen im Zuge der Berichte der „Bild“. „Die Berichterstattung in der Bild-Zeitung, die das Gesicht der jungen Frau unverpixelt zeigte, mit zwei Vornamen und abgekürztem Nachnamen, sodass sie eindeutig identifiziert werden kann, ist sicherlich zum jetzigen Zeitpunkt rechtswidrig“, sagt Schertz. Insbesondere da der Sachverhalt noch nicht abschließend geklärt sei, wie es zu den Aufnahmen gekommen war. Wie Mirjam Rose spricht er von der sogenannten Prangerwirkung, bei der ein Fehlverhalten öffentlich gemacht wird und sich schwerwiegend auf die persönlichen Rechte der Betroffenen auswirkt.

„Die Folgen für die junge Frau dürften katastrophal sein. Das muss nicht weiter erläutert werden“, sagt Christian Schertz. „Davor schützt eben grundsätzlich das Persönlichkeitsrecht. Auch Personen, die sich derart vorwerfbar verhalten.“ Das sei sicherlich manchmal auch die bittere Pille des Rechtsstaates. „Aber es ist richtig.“

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