Oberst Johann Schmid: „Russland nutzt gezielt alle unsere Schwächen“
Herr Oberst, Sie forschen über hybride Kriegführung. Was unterscheidet sie von „normaler“, militärischer Kriegführung?
Hybride Kriegführung ist nichts Neues, wir tun uns im Westen nur schwer, unorthodoxe Kriegsformen zu verstehen. Wichtig ist: In hybriden Kriegen findet eine horizontale Entgrenzung des Gefechtsfeldes statt. Sie werden nicht nur militärisch geführt, sondern finden etwa auch als Propagandakrieg statt, als Wirtschaftskrieg, als Kulturkampf. Hybride Kriege müssen nicht notwendig militärisch entschieden werden. Denken Sie an den zweiten Indochinakrieg. Die USA haben diesen Krieg nicht militärisch in Vietnam verloren, sondern weil ihnen in der eigenen Gesellschaft die Legitimität des Waffengangs abhandenkam. Natürlich finden wir auch in den – aus unserer Sicht – klassischen Kriegen nichtmilitärische Elemente wie Propaganda. Die Unterscheidung zwischen hybriden und klassischen Kriegen ist also keineswegs trivial. Der entscheidende Punkt ist, dass in klassischen Kriegen wie den napoleonischen Feldzügen eine Entscheidung auf dem Schlachtfeld angestrebt wird, sie sind also militärisch zentriert. Diesem Muster entsprachen in jüngerer Zeit der Falklandkrieg, der erste Golfkrieg oder Aserbaidschans Eroberung von Nagornyj-Karabach. Häufiger sind jedoch hybrid geführte Kriege.