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Trumps Schweigegeld-Prozess: Das große Finale

Am Donnerstagmorgen sollten die zwölf Geschworenen wieder in dem Gerichtsgebäude in Lower Manhattan zusammenkommen. Am Abend zuvor hatten sie sich nach einem langen Tag interner Beratungen in die New Yorker Abendsonne verabschiedet.

Richter Juan Merchan hatte sie zuvor über ihre Aufgabe belehrt. Dann zogen sich die fünf Frauen und sieben Männer viereinhalb Stunden lang zurück. Der Strafprozess gegen Donald Trump nähert sich seinem großen Finale.

Bevor Tag eins der Beratungen endete, hatten die die Geschworenen eine erste Anfrage ans Gericht gestellt. Sie übermittelten Richter Merchan eine Nachricht, in der sie unter anderem um bestimmte Passagen aus der Aussage zweier Zeugen baten. Es ging es um David Pecker, den ehemaligen Herausgeber des Boulevardblattes „National Enquirer“, und um Michael Cohen, den Kronzeugen im ersten Strafprozess gegen einen früheren Präsidenten. Die Jury soll die Aussagen beider Zeugen am Donnerstagmorgen im Gerichtssaal vorgelesen bekommen. Zudem wird der Richter auf Bitten der Geschworenen auch noch einmal seine Anweisungen an die Jury wiederholen.

Trumps Ex-Anwalt Cohen im Fokus der Schlussplädoyers

Beide Zeugen hatten die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft gegen Trump bestätigt. Insbesondere Cohen, der ehemalige Anwalt und Mittelsmann Trumps, hatte schon am Dienstag im Mittelpunkt der Schlussplädoyers gestanden. Mehr als zehn Stunden hatte das Prozedere gedauert. Trumps Verteidiger Todd Blanche und Bezirksstaatsanwalt Joshua Steinglass hatten ein letztes Mal ihre jeweilige Sicht auf den Fall dargelegt. Blanche nahm sich dafür zweieinhalb, Steinglass fast fünf Stunden Zeit.

Im Mittelpunkt der Anklage steht das Schweigegeld von 130.000 Dollar, das Cohen der Pornodarstellerin Stormy Daniels kurz vor der Präsidentenwahl 2016 zahlte, um Berichte über eine angebliche Affäre zehn Jahre zuvor zu unterdrücken. Das allein wäre nicht illegal. Doch die Bezirksstaatsanwaltschaft Manhattan wirft Trump vor, im Zuge der Rückzahlung Geschäftsunterlagen mit dem Ziel gefälscht zu haben, Einfluss auf die Präsidentenwahl zu nehmen. Die Dokumentenfälschung für sich genommen wäre im Bundesstaat New York nur ein Vergehen, in Verbindung mit einem Verstoß gegen das Wahlkampffinanzierungsgesetz jedoch ein Verbrechen.

„Jeder Wahlkampf in diesem Land“ laut Blanche eine „Verschwörung“

Der republikanische Präsidentschaftskandidat behauptet wiederum, nie eine Affäre mit Stormy Daniels gehabt zu haben, und hat auf nicht schuldig plädiert. Vor Gericht in New York zeichneten beide Seiten ein grundverschiedenes Bild Trumps. Dessen Verteidiger Blanche verbrachte einen Großteil des Schlussplädoyers damit, Cohen als unglaubwürdig darzustellen. Er sei „der größte Lügner aller Zeiten“, der Fall selbst daher „nicht wert, vor eine Jury gebracht zu werden“. Neben Cohen gebe es niemanden, der Trump mit der Zahlung an Stormy Daniels in Verbindung bringen könne. Die grundsätzliche Haltung der Verteidigung: Trump habe mit der ganzen Sache nichts zu tun gehabt.

Blanche bemühte sich außerdem, die Vorgänge damals als vollkommen üblich darzustellen. So sagte er zu dem Vorwurf der Wahlbeeinflussung, „jeder Wahlkampf in diesem Land“ sei eine „Verschwörung“, um einem bestimmten Kandidaten zum Sieg zu verhelfen. Dazu gehöre auch, dass negative Geschichten unterdrückt würden. Es sei auch „kein Verbrechen“, dass die Zahlungen an Cohen damals als „Rechtskosten“ verbucht worden seien – das habe man bei allen Anwälten standardmäßig so gemacht.

Der Verteidiger warf Cohen am Dienstag vor, er wolle sich an Trump rächen. Der inzwischen mit Berufsverbot belegte Anwalt war 2018 unter anderem wegen der Schweigegeldzahlung zu drei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden und hat sich in der Vergangenheit öffentlich kritisch über Trump geäußert. Blanche zielte am Dienstag abermals auf ein Telefonat im Oktober 2016 ab, in dem Cohen mit Trump über die Zahlung an Stormy Daniels gesprochen haben will. Laut der Verteidigung sprach Cohen in dem eineinhalb Minuten langen Telefonat damals jedoch nur mit einem Leibwächter Trumps über eine andere Sache – in so kurzer Zeit könne er gar nicht beide Themen besprochen haben.

Staatsanwalt präsentierte Cohen als „ultimativen Insider“

Staatsanwalt Steinglass griff diesen Vorwurf in seinem Schlussplädoyer auf. Er gab im Gericht vor, als Michael Cohen ein Telefongespräch mit dem Leibwächter zu führen – und berichtete in kürzerer Zeit als dem tatsächlichen Telefonat sowohl von einem Problem mit Prank-Anrufen als auch von der Zahlung an Stormy Daniels. Steinglass präsentierte Cohen als „ultimativen Insider“, der über „zuverlässige Informationen“ verfüge. Er äußerte auch, Cohen sei „verständlicherweise wütend“ darüber, dass er als Einziger „einen Preis für seine Rolle in dieser Verschwörung bezahlt hat“. Es gehe am Ende jedoch um Trump und nicht um dessen früheren Anwalt, auch wenn die Verteidigung das anders darstelle.

Die Staatsanwaltschaft konzentrierte sich zum Ende des Prozesses abermals darauf, die Geschehnisse in den politischen Kontext damals einzubetten. Die Geschichte über eine angebliche Affäre des verheirateten und damals gerade Vater gewordenen Trump mit einer Pornodarstellerin im Jahr 2006 führte bei seinen Vertrauten vor der Wahl im November 2016 zu Besorgnis. Der Präsidentschaftskandidat musste ohnehin um die Zustimmung unter amerikanischen Frauen bangen: Wenige Wochen zuvor war eine Aufnahme öffentlich geworden, in der Trump sich unter anderem rühmte, jeder Frau ungestraft in den Schritt fassen zu können. Daniels sei eine „wandelnde, sprechende Erinnerung“ daran, äußerte Staatsanwalt Steinglass am Dienstag.

Geschworenen müssen sich einig sein

Es ist das Kernargument der Anklage, Trump habe die Schweigegeldzahlung damals mit der Absicht in Auftrag gegeben, den Ausgang der Präsidentenwahl zu beeinflussen. Steinglass sprach am Dienstag von einem „System“, das Trump „sehr wohl“ den Sieg gebracht haben könnte.

Die Geschworenen können Trump nur einstimmig für schuldig oder unschuldig erklären. Kommt es nicht zu einer Einigung, dürfte Richter Merchan ein Fehlverfahren feststellen. Im Falle einer Verurteilung obliegt es ihm, in den nächsten Monaten ein Strafmaß festzulegen. Umso erzürnter war Merchan, als Trump-Anwalt Blanche am Dienstag über eine mögliche Strafe sprach. Man könne niemanden auf Grundlage der Worte Cohens „ins Gefängnis schicken“, sagte Blanche vor den Geschworenen – ein Verstoß gegen die Praxis in Schlussplädoyers. Merchan bezeichnete die Aussage des Trump-Verteidigers denn auch als „empörend“. Es sei schwer zu glauben, dass das aus Versehen passiert sei.

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