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Wir brauchen einen neuen Plan für das E-Auto

Wir brauchen einen neuen Plan für das E-Auto

Ein Freitagmorgen im März 2023. Vor dem Bürogebäude auf dem Werksgelände von Mercedes Benz in Stuttgart-Untertürkheim parken futuristisch gestylte elektrische Luxuslimousinen vom Typ EQS. Drinnen malt Konzernchef Ola Källenius im Gespräch mit der F.A.S. sein Bild von der Zukunft. „Der Wechsel zum Elektroauto kommt schneller als erwartet“, sagt der Schwede. Sein Unternehmen entwickle gerade die letzte Generation an Verbrennungsmotoren. Källenius ist „verhalten optimistisch“, dass sein Unternehmen in Deutschland 2030 nur noch Elektroautos anbieten werde, weil die Kunden dann keine Benziner und Diesel mehr haben wollen.

Elf Monate später klingt der Mercedes-Chef ganz anders. Auf der Jahrespressekonferenz Ende Februar hat Källenius seinen bisherigen Zeitplan für den Abschied von Benzin und Diesel revidiert. In der zweiten Hälfte des Jahrzehnts werde höchstens die Hälfte aller neuen Mercedes elektrisch fahren.

Dass der Mercedes-Chef in Sachen E-Auto kommunikativ auf die Bremse tritt, ist symptomatisch. In den Chefetagen der Autoindustrie hat sich Ernüchterung breitgemacht. Die Unternehmen haben für viele Milliarden Euro neue E-Modelle entwickelt, Fabriken und Know-how aufgebaut. Aber draußen auf den Straßen kommt die Elektrorevolution viel langsamer voran als noch vor Kurzem erhofft. Das gilt für Europa und die USA. Und auch im chinesischen E-Auto-Markt, dem mit Abstand größten der Welt, gibt es Schwächesignale. „Die Verkaufszahlen in China sind seit Jahresanfang rückläufig und die Preise unter Druck, das Geschäft ist aktuell schwierig“, sagt der Autoexperte Georg Mrusek vom Stuttgarter Beratungshaus Horváth.

Es wird immer deutlicher, dass die Automanager einen Plan B für den Abschied vom Verbrennungsmotor brauchen – einen, der eine deutlich längere Übergangsphase vorsieht. Denn auch politisch könnte sich der Wind drehen. Bisher wird die Elektrifizierung des Autoverkehrs vor allem von den Regierungen getrieben, die den Klimaschutz voranbringen wollen. Aber wenn es bei den Europawahlen im Juni zu einem Rechtsruck kommt und im November der Populist Donald Trump die US-Wahl gewinnt, könnte es auf beiden Seiten des Atlantiks zu einem Kurswechsel kommen.

EU für 2035 geplante Verbot von Neuwagen mit Verbrennungsmotor könnte dann verschoben oder aufgeweicht werden. Und in den USA will auch der derzeitige Präsident Joe Biden den Autobauern offenbar mehr Zeit für die Umstellung auf Elektroautos geben. Autofahrer sind eben auch Wähler – und viele von ihnen wollen weiter konventionelle Autos fahren.

Verkaufszahlen in Deutschland sinken

In den vergangenen Monaten gab es reihenweise schlechte Nachrichten rund um das Elektroauto. Ende Januar musste der französische Hersteller Renault den geplanten milliardenschweren Börsengang seiner Elektroautoeinheit Ampere absagen. In Berlin rechnet der Branchenverband VDA 2024 mit einem Rückgang der E-Auto-Verkaufszahlen in Deutschland um 14 Prozent, das erste Minus seit 2016. In den USA meldete Ford einen Jahresverlust seiner Elektrosparte von 4,7 Milliarden Dollar. Konkurrent GM hat 2023 halb so viele E-Autos verkauft wie geplant. Großkunden wie die Mietwagenfirmen Hertz und Sixt mustern Zehntausende E-Autos aus. Ein weiteres Krisensymptom: Den lange knappen Batterierohstoff Lithium gibt es derzeit im Überfluss, der Preis ist seit Anfang 2023 um mehr als 80 Prozent gefallen.

Weil die E-Autos schwer verkäuflich sind, senken die Hersteller die Preise. Begonnen hat die Rabattschlacht Ende 2022 in China, dem globalen Leitmarkt für E-Autos. Doch längst hat der Preiskampf auf Europa übergegriffen. Carlos Tavares, Chef von Stellantis, einem der größten europäischen Autokonzerne, zu dem unter anderem Opel, Fiat und Peugeot gehören, spricht von einem drohenden „Blutbad“, einem ruinösen Preiswettbewerb. Die Branche erlebe den härtesten Wettbewerb ihrer Geschichte. „Viele Hersteller haben die Nachfrageschwäche und die Wucht des Preiskampfs unterschätzt“, sagt Patrick Hummel, Autoanalyst der Schweizer Großbank UBS.

Europas, gibt es in Deutschland derzeit für weniger als 13.000 Euro, Dacia gewährt einen Rabatt von 10.000 Euro. Eine tolle Sache für die Kunden – aber teuer für die Hersteller.

Mit einem raschen Ende des brutalen Preiswettbewerbs rechnen Fachleute nicht. „Wir werden das ganze Jahr noch Rabatte sehen, anders sind E-Autos derzeit schwer zu verkaufen“, sagt der Berater Stefan Bratzel, Direktor des Center of Automotive Management in Bergisch-Gladbach.

Die Autokonzerne wurden von der Elektroflaute auf dem falschen Fuß erwischt. Nicht nur Mercedes-Chef Källenius setzte darauf, dass sich das E-Auto vergleichsweise schnell durchsetzt. Opel hat angekündigt, ab 2028 in Europa nur noch Elektromobile zu verkaufen. VW hat seine Werke in Emden und Zwickau voll auf E-Autos umgestellt, jetzt ist die Produktion dort schlecht ausgelastet, die Mitarbeiter sorgen sich um ihre Jobs.

BMW seine Elektroautofamilie „Neue Klasse“. Sie ist das derzeit wichtigste Zukunftsprojekt des Herstellers – und die erste BMW-Fahrzeuggruppe, die allein auf Elektroantrieb ausgelegt ist. Anders als bisher bei den Bayern üblich, sind Verbrennervarianten nicht mehr möglich. Ab 2027 baut das BMW-Stammwerk in München nur noch E-Autos.

Eine Allianz von VW, Stellantis und Renault?

Aber es zeigt sich, dass das Elektroauto gerade an eine Grenze stößt. Die Gründe sind eigentlich altbekannt: Die Kunden haben Sorgen, dass die Akkureichweite zu niedrig und das Ladenetz zu dünn ist. Vor allem aber: E-Autos sind immer noch deutlich teurer als konventionelle. In Deutschland kostete ein neues E-Auto 2023 im Schnitt fast 9000 Euro mehr als ein konventionelles. Dass Elektromodelle viel teurer sind als herkömmliche, daran werde sich so schnell nichts ändern, erwartet Mercedes-Chef Källenius.

Um die Produktionskosten zu drücken und E-Autos billiger zu machen, loten manche Automanager neue Wege aus, die vor Kurzem noch schwer vorstellbar schienen. Renault-Chef Luca de Meo wirbt für ein „Airbus der Autos“: So wie der Flugzeugbauer aus Herstellern unterschiedlicher europäischer Nationen hervorging, müssten auch die Autobauer stärker als bisher kooperieren, fordert de Meo.

Es müssen ja nicht gleich Fusionen und Milliardenübernahmen sein. Im Gespräch ist eine mögliche Allianz von VW, Stellantis und Renault beim Bau preisgünstiger Elektrokleinwagen. Die Konzerne könnten sich so Entwicklungskosten teilen und Größenvorteile in der Produktion nutzen. VW bestätigt, dass Kooperationen geprüft würden, will aber keine Einzelheiten nennen. Europas größtem Autokonzern fehlen bisher bezahlbare Elektrokleinwagen im Sortiment.

E-Auto-Flaute bremst chinesische Expansion in Europa

Allerdings hätte ein langsamerer Abschied vom Verbrennungsmotor für die deutschen Autohersteller durchaus auch Vorzüge. Zwar amortisieren sich ihre Milliardeninvestitionen in den Elektroantrieb dann erst später, aber zugleich wird ihnen das einträgliche Geschäft mit Verbrennerautos länger erhalten bleiben und in den kommenden Jahren mehr Geld in die Kassen bringen, als bislang zu erwarten war. „Gegenüber Herstellern, die nur E-Autos bauen, ist das ein wichtiger strategischer Vorteil“, sagt der Investmentbanker Axel Höfer, Spezialist für die Autoindustrie bei Goldman Sachs.

Während junge Elektroauto-Start-ups wie Fisker, Nio, Polestar und Rivian zunehmend in Not geraten, verkaufen Volkswagen, Mercedes und Co. eben vorerst weiter vor allem Verbrennerautos. Notfalls investieren sie doch noch mehr Geld als bisher vorgesehen in deren Weiterentwicklung. Auch der Hybridantrieb könnte vorübergehend wieder an Bedeutung gewinnen.

Und es gibt noch einen weiteren Vorteil für die heimischen Hersteller, wenn die Kunden mit dem Umstieg auf das E-Auto zögern. „Sie bekommen mehr Zeit, beim Elektroantrieb technologisch aufzuholen“, sagt Daniel Röska, Autoanalyst beim Vermögensverwalter Bernstein. Denn Chinas E-Auto-Bauer drängen mit ihren technisch oft starken und preisgünstigen Fahrzeugen auch nach Europa.

Vor allem der Weltmarktführer BYD wird mittlerweile als ernste Bedrohung gesehen, weshalb die EU Strafzölle auf chinesische Elektroautoimporte vorbereitet. Aber je verhaltener der europäische E-Auto-Markt wächst, umso weniger können die chinesischen Herausforderer ihren technologischen Vorteil ausspielen.

Andererseits sitzen den Herstellern die Klimaschutzvorgaben der EU im Nacken. 2025 müssen sie die CO2-Emissionen ihrer Fahrzeugflotten in Europa gegenüber den Vorjahren um weitere 15 Prozent senken, sonst drohen milliardenschwere Strafzahlungen. Das heißt, die Autobauer müssen weiter die Verkaufszahlen ihrer E-Autos steigern.

Um die CO2-Vorgaben zu erreichen, müsse sich vor allem VW noch gewaltig anstrengen, hat UBS-Analyst Hummel kalkuliert. Auch für Renault sei die Herausforderung groß. Im Zweifel heißt das: Die Hersteller müssen versuchen, die E-Autos mit weiteren Rabatten an den Mann zu bringen. Das sei allemal günstiger als die andernfalls drohenden Strafen, sagt Hummel.

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