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Wirtschaftslage in Deutschland: Optimismus wird zum Problem

Wirtschaftslage in Deutschland: Optimismus wird zum Problem

Deutschland ist gerade merkwürdig gespalten über die Frage, wie es dem Land geht. Da sind auf der einen Seite diejenigen, die eine strukturelle Krise sehen. Glaubt man ihnen, geht es Deutschland gar nicht gut. Selbst Bundesminister, die normalerweise gut über das Land und ihre eigene Leistung sprechen wollen, nennen die Lage „dramatisch schlecht“ (Robert Habeck) oder gar „peinlich“ (Christian Lindner).

Auf der anderen Seite stehen ganz durchschnittliche Deutsche, die so klingen, wie es die Regierung sonst tut: So schlecht gehe es doch gar nicht, das Land habe viel Substanz – das größte Übel sei, wie das Land schlechtgeredet werde. Sie fragen: Wo bleibt die Zuversicht?

Diese Spaltung wirkt im ersten Moment paradox, aber sie hat recht einfache Gründe. Wirtschaftsprobleme sehen heute anders aus, als wir es von früher gewohnt sind.

Probleme machen sich anders bemerkbar

Individuell geht es vielen Leuten immer noch sehr gut. Während der Corona-Pandemie haben die Deutschen Geld gespart, das sie auch in den folgenden Inflationszeiten nicht angegriffen haben – die Sparquote liegt heute immer noch höher als vor der Pandemie. Die meisten Arbeitsplätze sind sicher. Nach wie vor fehlen der deutschen Wirtschaft Arbeitskräfte, nur in wenigen Branchen drohen Entlassungen – und selbst wer die Stelle verliert, hat bessere Perspektiven als in den Zeiten der großen Massenarbeitslosigkeit. Wenn jemand das Land so wahrnimmt, ist Pessimismus wirklich schwer zu verstehen.

Doch die Probleme machen sich dieses Mal anders bemerkbar: Das Land funktioniert nicht mehr richtig. Wohnungen sind selbst in mittelmäßigen Lagen kaum noch zu bekommen. Die Kindergärten schicken Kinder nach Hause, weil Erzieher krank sind. In manchen Gegenden ist es inzwischen sogar schwierig, einen Hausarzt zu finden.

Durchs Land zu reisen, das spart man sich inzwischen am besten ganz. Straße, Schiene, sogar Flugzeug – richtig vom Fleck kommt man nirgends, und am Ziel sind die Hotels sowieso belegt. Am härtesten treffen die Probleme aber den Staat: Der hätte viele wichtige Dinge zu tun, angefangen mit einer sinnvollen Aufrüstung. Doch die Steuereinnahmen sprudeln längst nicht mehr so kraftvoll, wie das Land gewohnt ist. Wenn Deutschland nicht aufpasst, kann es sich seinen alten Lebensstil bald nicht mehr leisten.

Die Schuld liegt nicht nur bei der Politik

So kommt es, dass die Deutschen ihre eigene Lage besser einschätzen als die des Landes. Damit haben sie nicht mal unrecht. Es gibt viele Leute, denen es immer noch sehr gut geht – und ein Land, das trotzdem insgesamt ernsthafte Schwierigkeiten hat.

Dieser Zustand wäre noch in Ordnung, wenn die Schuld an den Problemen nur bei der Politik läge. Dann würde es reichen, wenn sich die Minister besinnen und ihre Versäumnisse aufarbeiten, wenn sie sich an Deutschlands marode In­frastruktur machen und an die enorme Bürokratie. Doch an vielen strukturellen Problemen der Volkswirtschaft sind die Deutschen selbst schuld:




Sie wollen so wenig arbeiten wie noch nie. Die gute Laune ihrer Kinder finden sie oft wichtiger als eine exzellente Bildung, für die man sich mehr anstrengen müsste. Neuen Techniken, die Arbeit sparen könnten, nähert sich eine Mehrheit der Deutschen regelmäßig eher abwartend bis unfreundlich – oder besser gesagt: Die Deutschen nähern sich diesen Techniken gar nicht. Sie stehen ihnen abwartend bis unfreundlich gegenüber. Kein Wunder, dass deutsche Unternehmen im internationalen Wettbewerb zurückfallen. Und wo bleiben die neuen? Junge Firmen zu gründen oder zu unterstützen, das ist den Deutschen zu riskant.

All das kann man sich locker leisten, solange man mit der eigenen Lage zufrieden ist. Und da wird die Gesundbeterei selbst zum Pro­blem: Die Lage in Deutschland kann sich nur bessern, wenn ein Ruck durch Deutschland geht. Aber der kommt erst, wenn die Deutschen nicht mehr die Augen vor der Lage im Land verschließen.

Deshalb ist es nicht falsch sondern nötig, das Augenmerk auf die Probleme im Land zu lenken. Wer mit mehr Zuversicht über Deutschland sprechen möchte, der muss erst mal selbst die Gründe dafür schaffen.

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